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Warten auf Godot

Dreizehn Jahre nach Missbrauchs-Aufdeckung im Canisius-Kolleg,

viereinhalb nach Veröffentlichung der MHG-Studie, 

drei Jahre nach Eröffnung des Synodalen Wegs,

kurz vor der fünften und letzten Synodalversammlung:

 

Und noch immer ist der Stand der Aufarbeitungsprojekte der einzelnen Bistümer völlig unterschiedlich.

Ich finde es unglaublich, dass es heute — im März 2023 — acht (!) Bistümer gibt, die noch keine Missbrauchsstudie erstellt haben.

 

Noch immer gibt es nicht in allen Bistümern Unabhängige Kommissionen und da, wo es sie gibt, wird die Frage nach ihrer tatsächlichen Unabhängigkeit immer wieder aufgeworfen. Ich frage mich, wie Vergleichbarkeit in der Missbrauchsaufarbeitung hergestellt werden kann.

 

Noch immer fordern Betroffeneninitiativen angemessene Beteiligung ein. Ich frage mich, wie verhindert werden kann, dass Mitwirkungsrechte der Betroffenen beschnitten werden.

 

Noch immer fordern Betroffeneninitiativen angemessene Entschädigungen. Und tatsächlich: die Summen, die für die Anerkennung des Leids gezahlt werden, sind sehr unterschiedlich. Will die DBK warten, bis Gerichte weit höhere Strafzahlungen wegen institutioneller Verantwortung verhängen und den Betroffenen diesen in vieler Hinsicht schwierigen und belastenden Weg zumuten?

 

Ich frage mich, wie Transparenz und Vergleichbarkeit hergestellt werden können. Ein Blick auf die „Übersicht zur Umsetzung der „Gemeinsamen Erklärung“ zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs“ der deutschen (Erz-) Bistümer (vom 26. Januar 2023) genügt, um zu sehen, dass wir davon weit entfernt sind.

 

Mein Eindruck ist: die Verantwortungsträger in der katholischen Kirche setzen sich zu wenig für die Aufklärung und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt ein, sondern konzentrieren sich lieber auf Prävention — und auch da gibt es noch deutliche Defizite. Prävention darf Aufarbeitung aber nicht zudecken. Der Blick voraus geht nicht ohne den Blick zurück.

 

Susanne Schuhmacher-Godemann