Es war keine gute Idee des Vatikan, in einer Menschenrechtserklärung die lehramtliche Ablehnung der „Gender-Theorie“ und der Geschlechtsangleichung zu thematisieren. Das geht auf Kosten des lehramtlich verwendeten Begriffs der Menschenwürde, weil sie die Selbstbestimmung des Menschen unzulässig einschränkt, die ein essentieller Bestandteil der von Gott geschenkten Würde ist. Dieses Verständnis der Menschenwürde ist nicht anschlussfähig an das heutige Verständnis der Menschenrechte der UNO. Das lehramtliche Dokument „Dignitas infinita“ beschädigt damit selbst auch die gute Intention, sich kirchlicherseits zu den Menschenrechten zu bekennen und ihre Verletzung durch Armut, Krieg und Migration nach vorne zu stellen.
Es geht auch – und vor allem – auf Kosten von trans*, inter* und non-binären Personen. Sie sind weltweit massiven Diskriminierungen ausgesetzt. Ihre Würde wird oft mit Füßen getreten. Dazu verliert „Dignitas infinita“ kein Wort. Statt auf die Verletzungen ihrer Menschenwürde hinzuweisen und für ihre Würde einzutreten, tritt auch diese Erklärung sie mit Füßen. Während sich diese Personen über das vom Bundestag verabschiedete Selbstbestimmungsgesetz zurecht freuen, versetzt ihnen die fast zeitgleich veröffentlichte vatikanische Erklärung wieder einen Schlag ins Gesicht
Den queeren Kolleg:innen im BVPR und allen queeren Menschen weltweit gilt unsere Solidarität. Wir treten als Verband dafür ein, dass sie ohne Angst, vielmehr mit Respekt und mit Achtung ihrer Selbstbestimmung in der Kirche leben und arbeiten können. Wir verteidigen die in der neuen Grundordnung des kirchlichen Dienstes und in den Beschlüssen des Synodalen Wegs errungene Wertschätzung der geschlechtlichen Vielfalt und der Selbstbestimmungsrechte.
„Dignitas infinita“ setzt sich deutlich gegen Diskriminierung und Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung von Menschen ein und prangert an, dass „nicht wenige Menschen allein aufgrund ihrer sexuellen Orientierung inhaftiert, gefoltert und sogar des Lebens beraubt werden.“ Diese starke Passage wird nicht durch eine Wiederholung der lehramtlichen Einschätzung von Homosexualität als widernatürlich entwertet. Hierzu schweigt das Dokument – mutmaßlich bewusst.
Warum schweigt das Dokument nicht ebenso über „Gender-Theorie“ und Geschlechtsangleichung? Ein solches Schweigen und ein Reden über die Diskriminierungserfahrungen trans*, inter* und non-binären Personen wäre Gold gewesen.
Vorstand des BVPR