23.7.20 - Zwischenruf zum Synodalen Weg anlässlich der Instruktion der Kongregation für den Klerus (vom 29. Juni 2020):
Die klerikal-römisch-zentralistische Instruktion der Kleruskongregation schreit nach einer synodal-partizipativen Antwort der Kirche in Deutschland.
Als Pastoral- und Gemeindereferent*innen haben wir uns von unseren Berufsverbänden in die Vollversammlung wählen lassen, weil wir uns für partizipative Strukturen, Geschlechtergerechtigkeit,
theologisch fundierten und reflektierten Diskurs auf Grundlage der Theologie des Zweiten Vatikanischen Konzils und ein ehrliches Ringen um Lösungen auf Augenhöhe einsetzen.
Die von der Kongregation veröffentlichte Instruktion ist ein Musterbeispiel für das Gegenteil dessen, denn sie:
* verneint Kontrollmöglichkeiten, schließt eine Rechenschaftspflicht der Pfarrer aus und lässt damit die strukturellen Ursachen der Missbrauchsverbrechen sträflich außer Acht,
* brüskiert Reformversuche aller Art, wenn sie gleichzeitig Pfarreizusammenlegungen erschwert und Laien von der Leitung ausschließt,
* widmet trotz ihres allgemeinen Titels Laien ganze zwei Artikel und ignoriert die Vielzahl hauptamtlich und ehrenamtlich tätiger Laien,
* ignoriert trotzig die Frauenfrage,
* missachtet jahrzehntelanges Mühen von Klerikern und Laien, und deren (u.a. theologisch-pastorale) Kompetenz und Qualifikation,
* zeichnet mindestens im Artikel über die Möglichkeit der Rückkehr des Pfarrers in seine Herkunftsfamilie ein fragwürdiges Priesterbild,
* denkt von der Theorie und der Norm und nicht von der Realität her,
* widerspricht den synodalen und pluralen Denkanstößen des Papstes,
* lässt aktuelle Diskurse der akademischen (Pastoral-)Theologie vollkommen unbeachtet,
* steht für eine Art der Kommunikation, die mit freundlichen und klugen Zitaten von Papst Franziskus und einer in vielen Punkten richtigen Analyse beginnt, dann aber nur rechtliche, be- und
abgrenzende Antworten kennt und
* ist damit in unseren Augen kein konstruktiver Beitrag zur Zukunft der Pfarreien und der Kirche, sondern zementiert genau die klerikalen Strukturen, die sie vorgibt selbst abzulehnen.
Wir rufen die Bischöfe auf, jetzt nicht klein beizugeben und vielleicht Begrifflichkeiten zu ändern, damit „Rom“ keinen Anstoß daran nimmt, sondern laut und deutlich zu widersprechen. Eine
Ortskirche ist keine Filiale Roms, weder eine Diözese für sich, noch die Kirche in Deutschland, sondern echte Teilkirche. Sie kann, darf und muss ihre eigenen Prozesse selbstbewusst gehen und
ihre Zukunft gestalten. Die Stimme der Kirche in Deutschland ist nur eine Stimme in der Weltkirche, aber sie kann und muss deutlich hörbar sein, damit auch weltkirchlicher Diskurs entsteht.
Wir kennen die Situation genau, die für manche Bischöfe jetzt neu ist. Seit Jahrzehnten arbeiten Gemeinde- und Pastoralreferent*innen konstruktiv an der Gestaltung der Kirche mit, obwohl und
gerade weil die Rahmenbedingungen für sie ungeklärt, schwierig oder sie ablehnend sind. Trotz Rücknahme der Predigterlaubnis, trotz Rücknahme von Möglichkeiten der Leitung, trotz mangelnder
Partizipationsmöglichkeiten in vielen Gremien und manchem mehr, haben sie sich nicht zurückgezogen oder schweigend zugestimmt, sondern beharrlich weiter ihren Dienst getan. Viele von ihnen haben
dauerhaft und auf Wunsch von Bischof, Vorgesetztem und/oder Kirchengemeinderäten Leitungsaufgaben übernommen (u.a. gemäß § 517,2 CIC) und predigen selbstverständlich in der Eucharistiefeier nach
dem Evangelium. Sie haben allerdings nicht offen rebelliert. Als Leiter der Ortskirche, und weil sie nicht auf der Gehaltsliste Roms stehen, haben die Bischöfe hier eine bessere Position für
Widerstand.
Wir sind überzeugt, dass eine Reform kirchlicher Strukturen nicht gegen den Gedanken einer Evangelisierung ausgespielt werden kann und darf. Wer Evangelisierung sagt, der muss auch
Selbstevangelisierung betreiben. Eine Kirche, die in ihren eigenen Strukturen ein Evangelisierungshindernis darstellt, braucht dringend strukturelle Veränderung. Strukturfragen reflektieren
Glaubensinhalte – oder sie sind nicht evangeliumsgemäß.
Wir bieten an, gemeinsam mit den Bischöfen und den anderen Delegierten des Synodalen Wegs auf diese versuchte autoritäre Ansage Roms hin noch grundsätzlicher zu denken und vertiefende Vorschläge
für eine synodal geprägte Kirche zu machen. Die Regionalkonferenzen im September sollten der Rahmen dafür sein, Weichen zu stellen und eine Arbeitsgruppe für eine forenübergreifende
Grundsatzerklärung ins Leben zu rufen, die den Weg von einem klerikalen, hin zu einem synodalen Selbstverständnis von Kirche aufmacht. Konstruktiv. Ehrlich. Streitbar. Evangeliumsgemäß.
Zukunftsgewandt.
23. Juli 2020
Konstantin Bischoff, Esther Göbel, Marcus Schuck, Susanne Schuhmacher-Godemann
(Berufsverband der Pastoralreferent*innen Deutschlands e.V.)
Sarah Henschke, Michaela Labudda, Hubertus Lürbke, Regina Nagel, Marie-Simone Scholz
(Bundesverband der Gemeindereferent/-innen Deutschlands e.V.